Hesshaimer (Heßhaimer) Ludwig, Biographie, 1872-1956.
Der Künstler wurde am 10.3.1872 in Kronstadt geboren, als Sohn des Kaufmannes Adolf Heßhaimer (1845-1917) und dessen Ehefrau Auguste, geb. Lassel (*1852), Tochter des Lehrers und späteren Rektors des Honterusgymnasiums in Kronstadt, Franz Lassel d. J, (SSL II, 337 u.IV, 262), und Schwester des Komponisten Rudolf Lassel (SSL IV, 262-263). Die Väterlichen Vorfahren waren aus Oberungarn (Insel Schütt bei Preßburg) nach Siebenbürgen eingewandert. Bereits als sechsjähriger verließ er mit seinen Eltern seine Vaterstadt, die er nur gelegentlich bei kurzen Besuchen wiedersah.
Die bildende Kunstbegabung scheint er mütterlicherseits geerbt zu haben; denn seine Mutter, die Rektorstochter Auguste Lassel, war eine gewandte Zeichnerin. In der Familie wurde Kunst, vornehmlich Musik, viel und eifrig gepflegt und Hesshaimers Schwester, Ella Hild (Exlibris), ist eine außerordentlich musikalisch begabte Dame.
Die Familie zog zunächst nach Stockerau bei Wien und von dort im Jahre 1878 nach Triest. Seine Schulzeit verbrachte er in Triest und Wien. Mit 16 Jahren kam er in die Kadettenschule in Budapest. Nach seiner Ausmusterung war er als Soldat – anfangs als Truppenoffizier – in nicht weniger als 15 Garnisonen stationiert, unter anderem als Leutnant in den Garnisonen Budapest, Szabadka und Sarajewo. Als Oberleutnant wurde er als Zeichenlehrer an die Militär-Unterrealschule nach St. Pölten und als Hauptmann in gleicher Eigenschaft zunächst nach Linz und dann nach Salzburg versetzt. Am 29. März 1901 heiratete er Olga Köhler, die Tochter eines Oberstabsarztes. Der Ehe entstammen zwei Töchter. 1903 lernte er in Wien den Maler A.G. Mielich kennen, der den größten Einfluß auf seine künstlerische Entwicklung nehmen sollte. Nach zweijährigem Aufenthalt in Salzburg ließ er sich für ein Jahr beurlauben und übersiedelte 1909 mit seiner Familie nach Wien, um sich hier ganz seinen Kunststudien zu widmen. Da ihm das Studium an der Akademie für bildende Künste aber nicht zusagte, ging er an die graphische Lehr- und Versuchsanstalt mit ihrem reichen Lehrplan und den vielen Werkstätten für die verschiedensten Vervielfältigungsverfahren, wo er sich viele einschlägige Kenntnisse und Fertigkeiten erwarb. Nach Ablauf des Urlausjahres nach Sarajewo versetzt, eröffnete er hier ein Atelier, in dem er sich vornehmlich Radierungen, Lithographien und Ätzungen widmete. 1911 begann er mit seinen Arbeiten vor die Öffentlichkeit zu treten, zunächst im Künstlerhaus in Wien, danach im Glaspalast in München sowie auch in anderen Städten. Auf Grund seiner ersten Ausstellung in Wien wurde ihm 1915 von der Wiener Akademie der bildenden Künste der Titel eines „Akademischen Malers“ verliehen. Die Jahre bis zum Krieg waren jedoch weniger dem freien künstlerischen Schaffen als vielmehr einer umfangreichen und fruchtbaren Erziehertätigkeit und zahlreichen künstlerischen Gelegenheitsarbeiten im Rahmen des militärischen Dienstes gewidmet. Zur freien künstlerischen Entfaltung kam er erst durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges, der seinen Arbeiten in Sarajewo ein Ende setzte. Nach mehreren Monaten an der Front wurde er in das Kriegspressequartier berufen und schrieb während seiner dortigen zweieinhalbjährigen Tätigkeit nicht nur zahlreiche Erlebnis- und Gelegenheitsartikel, sondern schuf, zum Teil in vorderster Linie im Schützengraben, auch zahlreiche Zeichnungen, die er zum großen Teil dem Heeresmuseum als Spende zukommen ließ. Für die „Leipziger Illustrierte Zeitung“ wirkte er während des ganzen Krieges, den er an nahezu allen Fronten Österreich-Ungarns mitmachte als Kriegszeichner. Auch schuf er eine große Anzahl von Zeichnungen für Vivatbänder und Ansichtskarten und entwarf Erinnerungs- und Festkarten, die, wie auch die von ihm veranstalteten Kunstausstellungen, Kriegsfürsorgeaktionen zu Gute kamen. Nach Ende des Krieges gab er aus gesundheitlichen Gründen seine militärische Laufbahn auf und ließ sich endgültig in Wien nieder, wurde Berufskünstler und war als Radierer, Maler, Schriftsteller, Vortragender, Organisator und Mitarbeiter vieler Zeitungen und Zeitschriften wie die „Österreichische Illustrierte Zeitung“, „Donauland“, „Österreichische Rundschau“, „Der getreue Eckart“, „Universum“, „Postmarke“ und anderen tätig. Die Graphik jedoch war und blieb sein Lieblingsgebiet. Zwanzig Jahre war er Leiter der Kunstabteilung des österreichischen Offiziersverbandes, vierzehn Jahre hindurch auch im Vorstand des „Albrecht Dürer Bundes“ und später auch Vorstand der neugegründeten „Gemeinschaft bildender Künstler“. Seine soziale Einstellung drückte sich auch in seinem Bemühen aus, zahlreichen ehemaligen Offizieren der alten Armee die schwere Nachkriegszeit zu erleichtern, was ihm die Beförderung zum Oberst ehrenhalber einbrachte. Seine nach dem Krieg geschaffenen Gemälde befinden sich vorwiegend in Wiener Museen („Albertina“, in der sich allein 170 seiner Zeichnungen befinden, Museum für Völkerkunde, Heeresgeschichtliches Museum usw.), aber auch im Rainer Museum in Salzburg, in der Ungarischen Nationalgalerie in Budapest, im Brukenthal Museum in Hermannstadt und im Privatbesitz. Schon als Kind entwickelte er eine große Liebe zu Briefmarken, denen er sich später auch intensiv als Sammler und Graphiker widmete. Nach dem Ersten Weltkrieg engagierte er sich auch für die organisierte Philatelie und wurde 1921 der erste Präsident des Verbandes Österreichischer Philatelisten, ein Amt, das er zwanzig Jahre hindurch innehatte. 1930 erschien die erste von ihm entworfene Briefmarkenserie für Island, später entwarf er Briefmarken auch für Kolumbien, Liechtenstein, Ungarn und Brasilien und schuf über 200 Exlibris. Das Ende des Zweiten Weltkrieges, während dessen er nach Pötzleinsdorf geflohen war, besiegelte auch den Verlust des größten Teiles seines künstlerischen Schaffens, da das auf ein Schloß in Niederösterreich evakuierte Archiv von den Russen größtenteils vernichtet wurde. Zahlreiche Auszeichnungen werteten seine künstlerischen Leistungen. So erhielt er 1921 für den „Totentanz“ die Medaille der Stadt Salzburg. 1923 und 1926 für Markenentwürfe und Philatelistenstiche die Medaille und ein Ehrendiplom der Stadt Wien, 1926 auch die Medaille und 1928 das Ehrendiplom des Albrecht Dürer-Bundes. 1928 wurde ihm in Wiesbaden die Hans-Wagner-Medaille für Verdienste in der Philatelie verliehen. 1930 in Berlin die Plakette „Iposta“ für die Gestaltung der Island Marken und 1931 in Hamburg die Plakette „Mophilia“. Zu seinen Ehren wurde außerdem 1928 die „Heßhaimer-Plakette“ geschaffen, die vom Verband der Österreichischen Philatelisten-Vereine für Verdienste auf dem Gebiet der Philatelie im in- und Ausland verliehen wurde. Nach dem Tode seiner ältesten Tochter und seiner Frau übersiedelte er 1950 zu seiner jüngeren Tochter nach Brasilien. Er starb 10.1.1956 in der Nähe von Rio de Janeiro und ist dort in den Bergen begraben.
Nachweis:
Schriftstellerlexikon der Siebenbürger Deutschen. Bio-Bibliographisches Handbuch für Wissenschaft, Dichtung und Publizistik.
Begründet von Joseph Trausch, und fortgeführt von Friedrich Schuller und Hermann A. Hienz. Bd. VII, H-J. © Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2000. [Schriften zur Landeskunde Siebenbürgens. Hrsg: Paul Paul Philipp, Harald Roth, Günther H. Tontsch.] Nachweis: ÖNB: 2.055.107-B.7, H-J Mag.
Ausführliche Exlibris- und andere Nachweise auf Anfrage! (Bitte e-mail senden, rath.p@aon.at
Ein Nachlaß befindet sich in der Siebenbürgerischen Bibliothek Gundelsheim. Gehört zur Universität Heidelberg. (Dipl. Bibl. Christian Rother).
Erstellt von Peter Rath ©, Wien, Juli bis September 2020.