STEFAN KELLNER. SAMMLER, BUCH- UND KUNSTHÄNDLER, KUNSTANTIQUAR.
Der am 9. November 1892 in Budapest geborene Maler und Graphiker István (Stefan/Stephan) Kellner gründete am 15. März 1919 seine Buch- und Kunsthandlung in Budapest, Kronprinzgasse (Koronaherceg-utca) 10 und spezialisierte sich auf Moderne Luxusdrucke, illustrierte französische Werke des 18. und 19. Jahrhunderts, Exlibris, Originalgraphik und Ölgemälde. Drei Angebotskataloge zwischen 1920 und 1921 sind bekannt, wobei der 1921 erschienene „Katalog III. Exlibris und Gelegenheitsgraphik“, der, vertraut man dem Vorwort, die eigene Sammlung von abertausenden modernen Exlibris beinhaltete, bis zur Gegenwart seine grundlegende Nachschlagewerk-Qualität behalten hat. Angeschlossen war ein Verlag, in dem zwei Titel mit erotischen Radierungen und Lithographien nachzuweisen sind. Katalog II. wurde bis jetzt (12/2021 ) trotz intensivster Suche nicht gefunden!
Die Ausrichtung des Angebots von Stefan Kellner auf Erotisches lässt sich nicht nur von seinem eigenen Sammelgebiet ableiten: Bereits 1912 gab er sich als Erotika-Sammler zu erkennen, der seine Sammlung mit dem Eignerzeichen „Collections Galantes Etienne Kellner“ von Arnold Gara und seine Bücher mit einem „Exlibris Eroticis“ kennzeichnete. Auch die in seinem Verlag erschienenen Werke waren erotische Editionen und die von Arnold Gara geschaffene Geschäftskarte zeigte den Kunsthändler inmitten von erotischen Blättern (abgebildet in: Zur Westen 1925, S. 159). Darüber hinaus gibt es auch ein (wohl ungedrucktes) Manuskript über den auf erotische Zeichnungen und Exlibris spezialisierten Franz von Bayros, der, wie zahlreiche andere Künstler wie: Karl Bloßfeld, Josef von Diveky, Willi Geiger, Emil Ranzenhofer, auch Exlibris für Stefan Kellner schuf. Ende 1924 übersiedelte Stefan Kellner nach Wien. In der Geroldgasse 5 betrieb er seine Buch- und Kunsthandlung bis Februar 1926, ehe er in die Schlagergasse 11 übersiedelte, wo er bis zu seiner Abmeldung am 14. 2. 1927 nach Inzersdorf den Handel von seiner Wohnung aus tätigte. Leider konnte das jetzt zuständige Bezirksmuseum in Liesing (Inzersdorf gehört dazu) keinen Nachweis auf ihn finden.
Kellner war Mitglied der Österreichischen Exlibris-Gesellschaft, siehe Verzeichnis der Mitglieder 1912, S. 88. Auch der Deutschen Exlibris-Gesellschaft: Deutscher Verein 1912. Sowohl in folgenden Kunstadressbüchern: Handbuch des Kunstmarktes 1926 und Pantheon 1926 ist er auch als Sammler mit der Wiener Adresse Schlagergasse 11 verzeichnet.
Für Hinweise danke ich (mündlich, telefonisch und per e-mail) Herrn Werner J. Schweiger [7.1.1949-11.3.2011] (Kunsthandel der Moderne im Deutschsprachigen Raum 1905-1937 nicht Erschienen, sowie mündliche und schriftliche Informationen) und Frau Dr. Claudia Karolyi von der Österreichischen Nationalbibliothek.
Die Kataloge des Verlages Stefan Kellner:
Katalog I. Luxusdrucke, LIVRES ILLUSTRES DES XVIIIe – XXe SIECLES. GRAPHIK. Stefan Kellner Budapest, IV., Koronaherceg u. 10.
Angegeben sind u. a. folgende Künstler, Auswahl:
Graphik:
601. Franz von Byros: Amazone Aquarell (siehe Abb. S. No. 98) | 2000.- Mark |
602. Aubrey Beardsley: 2 Heliogr. zu Gauthier. Mlle Maupin | 100.- Mark |
608. Lovis Corinth: Frauenraub, Orig. Rad | 800.- Mark |
622. Gustav Klimt: 60 versch. Orig. Zeichnungen | á 400.- Mark |
626. Henri Matisse: Akt, Orig. Rad. | 2000.- Mark |
637. Max Pechstein: Hippodrom, Aquarell | 500.- Mark |
644. bis 651. Orig. Rad. von Emil Ranzenhofer | 50.- – 200.- Mark |
652. Rembrand: Fuite en Egypte | 3000.- Mark |
653. Rembrand: L` abreuvoir de la vache | 2000.- Mark |
654. Egon Schiele: Doppelselbstbildnis. Orig. Zeichnung | 300.- Mark |
655. Egon Schiele: Mann mit der gr. Toga. Orig. Zeichnung | 300.- Mark |
658. Nikolaus Vadasz: Jehova. Orig. Rad. | 100.- Mark |
Katalog II. Nicht bekannt!
Katalog III. Exlibris und Gelegenheitsgraphik, Stefan Kellner, Budapest 1921. Katalog III.
Gedruckt in der Offizin Thalia, 1000 Nummerierte Exemplare, 150 auf Bütten in Ganzleder gebunden. Die Luxusausgabe enthält 10 Original graph. Blätter. No. 186. S. 226. 9 Bl. Abb.
Vorwort von Dr. Milton Oskar Reich: „Über die Entwicklung des Exlibris“.
Blätter des deutschen Sprachgebietes S. 3 – 200
Deutsche Blätter unbekannter Künstler, nach Namen alphabetisch geordnet S. 201-210
Nachtrag S. 212-226
Abbildungen 9 Bl.
(Sammlung Rath. Nummeriertes Exemplar: No. 186.)
Nachweise:
Adressbuch des Deutschen Buchhandels; Müller, Adressbuch des Deutschen Buchhandels und verwandter Berufszweige; Handbuch des Kunstmarktes 1926; Pantheon 1926
Verzeichnis der Mitglieder […] 1912.- in: Österreichische Exlibris-Gesellschaft. X. Jahrbuch 1912. S. 81-97 Deutscher Verein für Exlibriskunst und Gebrauchsgraphik zu Berlin. Mitgliederliste […] Dritter Nachtrag April 1912 Walter von Zur Westen: Exlibris (Bucheigner- zeichen). Dritte vermehrte Auflage.- Bielefeld 1925
Im Verlag von Stephan Kellner sind erschienen (soweit bekannt, Auswahl): Arthur Paunzen: 15 Aktzeichnungen. Original-Lithographien, 1919 [Heinrich von] Kleist: Die Marquise von O, mit zehn Radierungen von Arnold Gara, [1921]
Wiener Adesse:
Adresse: WIEN, Geroldgasse 5 (1925-1926); Schlagergasse 11 (1926-1927)
Inhaber: Stefan Kellner
Bestand: 1925-1927
Charakteristik: Buch- und Kunsthandlung, Verlag
„An- und Verkauf von Modernen Luxusdrucken, illustrierte französische Werke des 18. u. 19. Jahrhunderts, Exlibris, Orig. Graphik, Ölgemälde. Stefan Kellner. Budapest IV., Kronprinzgasse 10“ (Anzeige in: Die Initiale. H. 2 v. April 1921, Umschlagseite 4); „Stephan Kellner, Kunstantiquariat. Wien XVII., Geroldgasse 5. Einkauf-Verkauf, Graphik, Exlibris, Zeichnungen, wertvolle Bücher, Bibliographie“ (Handbuch des Kunstmarktes 1926. S. 762) (Von Werner W. Scheiger!)
Auf den Namen Kellner Stefan gibt es folgende Exlibris:
1) Franz von Bayros; Helio; Gut Kat 663, Helio; 109×92; blau-w; o. J; s; Knieender weibl. Akt nach links, vor sich Bildbände und Schlange, dahinter Sessel, Mappen, Globus: Slg. Rath.
2) Franz von Bayros; Helio; 90×80; lichtbraun oder hellrosa; o. J; Knieender weibl. Akt nach rechts, Papagei auf rechter Hand, Puto davor; Slg. Rath;
3) Franz von Bayros; Helio; 105×70; hellbraun; o. J; s; Akt auf Schaukel von vorne, davor Ei mit Schlange; Slg. Rath;
4) Franz von Bayros; Helio; sw; o. J; s; Dama mit großem Hut, Äffchen; Slg. Rath, Kopie;
5) Gula Conrad; Fachbüchrei Stefan Kellner; Rad; 124×89; sw; o. J; s/hs; Bibliothek mit Leiter; Gut Kat 1.849; Slg. Rath;
6) Jozsef Diveky; Rad; 94×79; sw; 1917; s; Aktpaar vor blütenspuckendem Riesenhaupt; Gut Kat 19.666; Slg. Rath;
7) Jozsef Diveky; Rad; 110×75; grau-braun; 1918; s; Weibl. Kniender Akt nach rechts, auf Bücher, Kämft mit Schrift-Girlande; slg. Rath;
8) Arnold Gara; Kli; 51×72; sw; o. J; s; Verdunkelter Raum durch Lampe erhellt, fünf Lesende; nSlg. Rath;
9) Willi Geiger, Rad; 142×122; braun-w; o. J; s; Auf Papierblättern hockendes Akt Paar (Adam u. Eva Typus); Gut Kat 3.236; Slg. Rath;
10) Willi Geiger; Rad; 107×65; braun-w; o. J., (um 1923); s; Text: „Der Druckfehlerteufel“, in Falle; Gut Kat 3.238; Slg. Rath;
11) Stefan Kellners Buch; (ipse fecit); Kli; 71×91; sw; o. J; Nackter Degenfechter nach links; Gut Kat 5.332;
12) Otto Muck; St. Kellner; Kli; 82×60; sw; o. J; s; Maler und weibl. Aktmodell; Gut Kat 7.393; Slg. Rath;
13) Otto Muck; Ex Libris Eroticis Stefan Kellner; X!; 100×65; sw; o. J; Aus einem aufgeschlagenen Buch krabbelde kopulierende Ameisen; Slg. Rath, Kopie;
14) Istvan Zador; Rad; 100×80; dunkelbraun; o. J; Sitzender Lesender links von Rückwärts, links Fenster, Bücherregal; Slg. Rath;
15) Istvan Zador; „Schöne seltene Bücher“Rad; dunkelbraun; 1920; s; Sitzender Lesender nach rechts, davor Blätter, dahinter Bild an der Wand, links Kastenteil; Slg Rath, Kopie;
Auf den Namen Kellner Stephan gibt es folgende Exlibris:
16) Arnold Gara; Der Buchhandlund Stephan Kellner Buda-Pest; Rad; 80×116; braun-w; 1921; s/hs; Lesende Gesellschaft; Gut Kat 3.077;
17) Karl Ritter; Rade; 169×114; sw; 1921; s; Trommelnder Narr auf zwei Köpfen; Gut Kaz 9.104, Abb 322; Slg. Rath;
Zusammengestellt von Peter Rath @ Wien, mit herzlichem Dank an meinen Freund Werner W. Schweiger †. Nach langen Mühen fertiggestellt im November 2020.
Zum Schluss ein Kuriosum: Das Exlibris „Der Schnitter“ von Rudolf Schiestl ist vermutlich jedem Sammler bekannt. Es gibt jedoch ein Plagiat für Istvan Kellner!!! Siehe unten: